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Eines haben wir in den unzähligen Nächten gelernt, von denen wir noch tagelang Muskelkater in den Beinen hatten: Musik verbindet Menschen. Und zwar so sehr, wie es fast nichts anderes auf dieser Welt schafft.
Die Vielfältigkeit und Magie der elektronischen Musik hat es uns besonders angetan. Musik alleine reicht uns jedoch nicht, deshalb hegen wir schon lange den verwunschenen Traum, ein ganz besonderes Festival auszurichten, dass Musik, Kunst und Kultur auf eine harmonische Weise vereint. Menschen sollen sich frei fühlen können, ganz egal wer man ist und woher man kommt.
Es fehlte stets der passende Ort, um unsere Vorstellung Wirklichkeit werden zu lassen. Im November 2020 machten wir dann die Entdeckung: ein ehemaliges Ferienheim im wunderschönen sächsischen Vogtland – verlassen und geprägt von den Spuren der Zeit. Endlich hatten wir unseren Ort gefunden. Seitdem ist viel passiert…
Mit unseren Helfer*innen haben wir seit Mai 2021 gefühlt tausend Kubik Müll in riesigen Containern entsorgt. Wege wurden von hartnäckigen Schlingpflanzen befreit, um sie wieder begehbar zu machen, Plätze und Terrassen hergerichtet, die nun wieder zum Verweilen einladen. Der erste Schritt Richtung Festival war getan. Und mit „Lugila“ wurde der ehemalige Name „Lug ins Land“ (veraltet: ein Wach-, Wart-, oder Aussichtsturm auf einem erhöhten Punkt in der Landschaft) in die Zukunft geführt.
Für all die Arbeit, den Schweiß, das Lachen, das Tanzen und die Tränen möchten wir uns von Herzen bei unserem Team bedanken. Ohne euch wäre das alles nicht möglich gewesen! Ohne euch wären Träume lediglich Träume geblieben! Danke, dass ihr alle ein Teil davon seid. Wir fühlen sie so richtig: die Lugilove.
Mit der Entdeckung des Geländes begannen wir Zukunftspläne zu schmieden. Pläne für ein Festival, auf dem sich die Menschen frei fühlen sollen. Frei in ihrem Sein, losgelöst von jeglichen Vorurteilen und inspiriert zu künstlerischen und kreativen Prozessen.
Das Lugila steht für eben dieses Gefühl der Freiheit. Es ist ein Ort der Kooperationen und der Zusammenführung verschiedenster Menschen und Talente. Ein Treffpunkt für visionäre Personen, die durch die Arbeit auf dem Gelände zusammenfinden und sich in ihrem Tun ergänzen. Die Gemeinschaft und ein harmonisches Miteinander stehen hier an oberster Stelle.
Aus diesem inspirierenden Mindset entsteht in diesem Jahr zum ersten Mal eine außergewöhnliche Festivallandschaft, mit der wir unsere Besucher*innen begeistern und mitreißen wollen. Auch über die nächsten Jahre soll nicht nur das Festival, sondern auch das Gelände stetig weiterentwickelt werden. Damit neue, noch schönere Dinge entstehen können.
Durch den Ausbau der Räumlichkeiten wollen wir mehr Platz für Atelierflächen, Werkstätten, einen Hostelbetrieb und viele weitere kulturelle Aktivitäten schaffen. Stück für Stück, Jahr für Jahr. Ideen und Platz gibt es genug – die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Die Vorfreude ist gigantisch!
In den 20er-Jahren baute Herr Dr. Leonard Koch, Sohn eines in Oelsnitz ansässigen Teppichfabrikanten und selbst Direktor des Werkes Koch & te Kock, das erste Gebäude auf dem jetzigen Lugila-Grundstück. Die sogenannte „Kochvilla“, ein opulentes Jagdhaus, sollte ihrem Ruf gerecht werden. So wurde Koch in der Festschrift zum Oelsnitzer Stadtjubiläum 1982 rückblickend als „eiskaltberechnender Kapitalist“ bezeichnet, der „Millionen von Mark für seinen luxuriösen Lebenswandel verprasste“. Nichtsdestotrotz war Dr. Koch in Oelsnitz wie auch in Schönberg durchaus geachtet und bei seiner Belegschaft beliebt.
Neben der eigentlichen Funktion als Jagdhaus wurde die Villa auch als Ferienhaus für Familie und Freunde genutzt. Zusätzlich diente sie auch als Rückzugsort für Koch und seine jeweiligen Geliebten. Für eine höhere Vielfalt der jagbaren Tiere züchtete Herr Koch auf dem Gelände Mufflons. Anschließend versuchte er, das Muffelwild am Kappellenberg bei Schönberg einzubürgern. Laut Augenzeug*innen wurden die letzten Mufflons im Jahre 1956 gesichtet.
1944 verstarb Koch und sein Bruder Robert übernahm das Gelände. Herr Koch führte auf seinem Anwesen Gästebuch. Der letzte Eintrag stammte von einem russischen Soldaten, der sich nach Kriegsende über die Mufflons erfreute. Diese erinnerten ihn an seine Heimat, heißt es dort.
1950 wurde das Grundstück enteignet, vom FDGB erworben und trug von da an den Namen “Lug ins Land”. Der FDGB erwarb zu dieser Zeit die Gebäude für den Betrieb als Ferienheim zur Naherholung für Mitglieder der Einheitsgewerkschaft.
Ab dem Jahr 1965 übernahm der FDGB-Vorsitzende und DDR-Politiker Harry Tisch das Regiment für das “Lug ins Land Ferienheim”. Von da an hatten er und seine Gäste exklusiven Zutritt zum Gelände. Es galt ein striktes Fotoverbot, weshalb es von den Jahren 1965 bis zur Wende nur wenige bis keine Aufnahmen gibt. Unter Harry Tischs Leitung wurden die Gebäude durch das Badehaus sowie das Heizkraftwerk ergänzt, welche 1983 fertiggestellt wurden. Es brauchte vier Anläufe, bis die Fliesenfarbe des Badehauses von Herrn Tisch abgesegnet wurde. Die Zerstörung der ersten drei Fliesen-Versuche führte zu Unmut im Landkreis, denn Fliesen waren zu dieser Zeit sehr rar. Zudem gab es in der Zeit noch weitere Privilegien im Ferienheim, wie zum Beispiel rare Biersorten und besondere Lebensmittel, die in der DDR damals kaum vorhanden waren.
Im Jahr 1990 wurde der FDGB aufgelöst und Herr Netsch betreute von da an die Gebäude. Sämtliche Möbel, Akten, Lampen und alle anderen Einrichtungsgegenstände wurden zurückgelassen.
Kurz nach der Wende erwarb ein neuer Besitzer das Ferienheim. „Swiss Charlet“ sollte es heißen und wieder als Jagdhotel dienen. Auch Hundeschlittenfahrten standen als Attraktion zur Debatte. Das alte Forsthaus wurde um einen Neubau ergänzt, die „Schnitzelranch“ wurde als kleine Ausflugsgaststätte für die Außenwelt geöffnet. Es folgten Skatabende und Weihnachtsfeiern.
Leider scheiterte der ominöse Besitzer am Ende beim Versuch, das Gelände wieder vollständig in Betrieb zu nehmen und verließ das Ferienheim im Jahr 2001. Nur seinen Hund ließ er zurück, welcher noch Monate danach von einem Bad Brambacher Jäger verpflegt wurde.
Seither waren die Gebäude – unter diversen Besitzer*innen – sich selbst überlassen. Zerfall, Vandalismus und Müll dekorierten die schönen Häuser und die umliegende Natur. Liegengebliebene Gegenstände dienten über die nächsten Jahre als Souvenirshop für erlebnishungrige Lost-Places-Jäger*innen und anderen zwielichtigen Personen. Einige wenige historische Fotos sind auffindbar und werden hier in der Galerie veröffentlicht. Wir sind um jedes Foto und jeden Hinweis zur Vervollständigung des geschichtlichen Hintergrundes dankbar.